Gewissermaßen scheint es mir beim Spielen so, als ob Starfield dich am liebsten als neuen Hauptdarsteller einer brandneuen Sci-Fi-Show besetzen würde. Ganz egal, ob das nun Firefly, The Mandalorian, Stargate oder aber eine Iteration von Star Trek ist – Starfield hat alles und noch viel mehr im Angebot.
Und gewissermaßen ist das neueste Bethesda-Rollenspiel dabei auch wie ein Sandkasten der unendlichen Möglichkeiten im All, eine gut gedachte und kompetent gemachte Unterhaltungsbox, die es dir ermöglicht, die Welt um dich herum so zu genießen, wie es dir am besten gefällt. Und das allein muss man erst einmal so anerkennen.
Positiv erwähnt seien auch die bombastischen Schlachten im All, die schnelle Reaktionen und noch schnellere Triggerbetätigung abverlangen. Doch auch wenn man es einmal ruhiger angehen lassen will und sich mit dem Gütertransport von A nach B oder dem Leben als friedliebendem Nomaden begnügen mag, bietet einem Starfield entsprechende Möglichkeiten der Entschleunigung.
Willst du hingegen wie ich in meinem Playthrough als gesetzloser Haudrauf durch die Städte wüten und über Monde heizen, während du deine Umgebung zu Sternenstaub pulverisierst, dann ist das ebenso gut möglich – Sci-Fi-Sandkasten eben!
Wer sich nicht mehr erhofft hat, der kann an dieser Stelle theoretisch schon den Testbericht schließen, sich auf den 6. September freuen oder gar direkt ins Weltraumabenteuer starten.
Wer sich hingegen fragt, ob es für mich einen Haken gab, der wird wenig überrascht sein, dass ich den ein oder anderen Elefanten im Raum bisher noch nicht angesprochen habe, das aber noch tun werde … doch alles zu seiner Zeit.
Auch wenn Starfield als Einzelspielererfahrung konzipiert ist, bist du doch bei deinen Abenteuern in den seltensten Fällen komplett allein. Immerhin bist du Kapitän deines Raumschiffs und wer kann sich schon einen solchen schimpfen, ohne eine passende Crew, die dich bei deinen Erkundungen unterstützt? Und da ist es doch nur gut, dass die Begleitcharaktere gut ausgearbeitet sind und eine spannende Ergänzung deines Trupps darstellen – auch wenn deren Story wie auch die Hauptgeschichte sich durch schwankende Qualität der Dialoge immer mal wieder meinem Interesse entzieht …
Doch per se ist die Anwerbung von neuen Weltraumbekanntschaften eine tolle Sache. Und so wirst auch du in aller Regelmäßigkeit durch Haupt- und Nebenmissionen in den Genuss neuer Rekruten kommen, denen du Hoffnung spendest oder eine Aufgabe in ihrem Leben offerierst. Letztere kann auf Wunsch der actionreiche Nervenkitzel der Konfrontationen als Teil deines Erkundungstrupps sein oder aber ein plumpes Dasein als Aufsicht der Wassergewinnung auf leblosen Welten – Du entscheidest einmal mehr!
Und Entscheidungsfreiheit ist ein grandioses Stichwort, wo dir doch auch reichlich Fläche hierfür beim Bau deines Raumschiffs gewährt wird – ein weiterer Teil von Starfield, der sich gigantisch anfühlt und Potenzial bereithält, sich komplett darin zu verlieren. Die Art und Weise, wie Teile deines Schiffes langsam zum Leben erwachen, wenn du verschiedene Systeme aktivierst, ist befriedigend, die bewusst umständliche Navigation durch das All macht Weltraumkämpfe gleich auf mehreren Ebenen zur spaßigen Belastungsprobe und das darauffolgende Aufrüsten, nur um sich schließlich wieder in Richtung des nächsten Sterns zu begeben, kreiert in Windeseile einen suchterregenden Loop, der bei manch einem anderen Entwickler ein eigenständiges Spielfundament gewesen wäre.
Laser, ballistische Geschosse, Schilde, Tarnungsoptionen und viel mehr wird dem Spieler hier zur Hand gereicht und eröffnet eine Vielzahl an Vorgehensweisen im All. Während ich beispielsweise als Schmuggler versuche mir ein Zubrot zu verdienen, hoffe ich darauf, dass meine Tarnung standhält, während ich meine Systeme abschalte und langsam nach vorn manövriere. Geht das schief – und bei meinem Glück tut es das häufiger einmal – finde ich mich aber schließlich in einem ebenso spannungsgeladenen Dogfight im All wieder, der durch Komplexität überrascht und optisch ein kleiner, feiner Augenschmaus ist, der mir gern im Gedächtnis bleibt. Oder aber ich entdecke ein gestrandetes Schiff, welches ich auf Wunsch sogar für mich selbst beanspruchen kann, indem ich es kurzerhand entere. Auf den Punkt gebracht: Die Weltraumkomponente war ein großes Highlight für mich!
Im Gegensatz dazu fühlte sich der Bodenkampf allerdings sehr ähnlich – vielleicht sogar etwas zu ähnlich – zu den Endzeitablegern von Bethesda an. Versteh mich nicht falsch, ich bin ein Fan von Fallout 4 und liebe Fallout: New Vegas geradezu, aber im Vergleich zu den spektakulären Gefechten im All waren die Bodenkonfrontation … nun ja … bodenständiger. Klar, das Boost-Pack ist ein cooles Gimmick und gern einmal fühle auch ich mich hierbei wie der cleverste Kopfgeldjäger à la Boba Fett, während ich meinen Widersachern ihre Chancenlosigkeit einprügle. Doch in den meisten Fällen schaue ich einfach der Lebensanzeige des Gegenübers dabei zu, wie sie schmilzt, während ich Runde um Runde Schüsse in dessen Körper pumpe, ohne großartig ein Feedback zu erhalten. Ist irgendwie für sich genommen jetzt nicht gerade das Wahre, oder?
Das Fähigkeitensystem in Starfield ist hingegen ein weiterer Star der Bethesda-Sci-Fi-Show für mich. Demnach kannst du Fähigkeiten in beliebiger Reihenfolge erwerben, und einige von ihnen schalten sogar neue Spielmechaniken frei: Die Fähigkeit zur Tarnung gibt dir beispielsweise Erkennungsmessung an die Hand, was beim Schleichen hilft, während die Ziel-Fähigkeit es dir ermöglicht, die Waffensysteme deines Schiffes zu verwenden, um einzelne Komponenten eines gegnerischen Schiffes anzuvisieren.
Wenn du diese Fähigkeiten ausreichend nutzt, wirst du außerdem ihre Herausforderung abschließen (X Feinde mit einer Pistole töten, Gegenstände herstellen oder heimliche Angriffe ausführen) und kannst dann das nächste Level der Fähigkeit erwerben, was dir nur noch mehr Vorteile verschafft. Ähnlich wie in anderen Bethesda-Titeln gibt es obendrein gleich mehrere Fähigkeitsfamilien, durch welche du dich manövrieren kannst und nach einem ersten großen Überblick sind die Kombinationsmöglichkeiten hier erwartungsgemäß gigantisch.
Im ersten Playthrough begann ich exemplarisch mich in den Fähigkeiten der Redekunst, dem Umgang mit Pistolen und der Raumschiffnavigation zu verbessern – ja, hier blitzt Traum des Daseins als charmanter Kopfgeldjäger wieder auf. Schnell ergänzte ich meine Talente jedoch auch mit Verbesserungen im Umgang mit Nahkampfwaffen, der Forschung oder aber meine Belastungsfähigkeit, um künftig als Outlaw-Multitalent die Welt von Starfield unsicher zu machen (und hierbei fleißig Loot einheimsen zu können).
Nun aber endlich genug mit den Lobeshymnen, denn kurz einmal möchte ich auf ein ernstes Thema zu sprechen kommen …
Einige Spiele machen es nicht leicht eine Review zu verfassen und Starfield gehört ganz ohne Zweifel zu dieser Sorte.
Nicht etwa, weil es gar schlecht wäre, sehr wohl aber, weil man die Interessensgemeinde rund um das RPG in gefühlt keinem einzigen Fall zufrieden stimmen kann. Meckerst du zu viel, wirst du einige Leute grantig machen, meckerst du nicht genug und lässt kleinere Macken durchgehen … dann wirst du einige Leute grantig machen. Klar, es gehört nicht zum Job immer einen jeden zur Gänze zufriedenzustellen, doch selten war das Tippen einer Review so schwer wie in diesem Fall.
Und zu allem Überfluss ist Starfield am Ende weder ein Totalausfall noch der Titel, der Baldur’s Gate 3 schlussendlich doch in den Boden stampft. Es ist … gut, wirklich gut sogar! Aber Starfield ist längst nicht perfekt.
NPCs sind beispielsweise zwar gerade in Städten zahlreich und suggerieren eine bevölkerte Welt, die es zu entdecken gilt, wirken aber derart leblos, dass ich mir dieses Abenteuer vielleicht doch für einen späteren Zeitpunkt aufsparen wollte. Und auch wenn die Raumschiffnavigation grandios ist, so ist es doch umso ernüchternder, dass ich mein Schmuckstück weder auf die Planetenfläche manövrieren darf noch von eben dieser eigenständig starte.
Das größte Problem ist aber, was einige bereits im Vorfeld befürchtet hatten: Ja, Starfield hat den Traum von tausenden Welten, die es zu erkunden gilt, genau so umgesetzt wie angekündigt. Aber was soll ich mich bitte auf das Erkunden freuen, wenn der Großteil karg und entsprechend traurig daherkommt, während es jenseits von Ressourcen kaum was auf vielen Oberflächen zu holen gibt?
Und falls du nicht gerade jedwede Option zur Schnellreise nutzt und ein Erkundungsmuffel auf der Planetenoberfläche bist, so wirst du früher oder später mit der Vignettenaufteilung des Universums konfrontiert. Was ich damit meine? Starfield zeigt dir zwar die offenen Weiten des Alls und die gigantischen Planeten, zum Erkunden scheint aber nur ein bestimmter Teil gedacht – zumindest fällt das in Sachen Qualität der Darstellung auf. Und zumeist scheint sich Bethesda auch darauf zu verlassen, dass du lieber auf die Bequemlichkeiten der Schnellreise im Weltall zurückgreifst, statt dich manuell von einem hin zum nächsten System zu bewegen.
In knapp 50 Stunden Spielzeit wurde ich demzufolge aber auch schon 1-2 Mal mit dem Problem konfrontiert, dass die offen wirkende Welt durchaus noch einmal via Ladebildschirm in umfangreiche (aber gewissermaßen instanzierte) Gebiete unterteilt wird. Entsprechend kannst du nicht stundenlang in eine Richtung cruisen ohne früher oder später mit einer kurzen Ladepause konfrontiert zu werden – für die einen ein Immersionszerstörer, für mich aber durchaus vernachlässigbar. Der Vollständigkeit erwähne ich es aber dennoch einmal.
Doch bleibt jetzt ja noch immer die Frage: Ist Starfield dennoch das erhoffte Meisterwerk oder haben die kleinen Fehlerchen sich allzu sehr angehäuft und eine bleibende Kerbe im bisher so makellos wirkenden Antlitz hinterlassen?
Auch nach mehreren hundert Stunden wäre ich mir nicht sicher, ob ich alles gesehen hätte, was Starfield zu bieten hat. Die 50 Stunden, die ich mit dem Spiel verbracht habe, haben mich jedoch davon überzeugt, dass hier ein ambitioniertes Projekt geglückt ist, was aus der Feder von Menschen stammt, die wirklich einmal wieder eine RPG-Erfahrung sondergleichen bieten wollten.
Es ist monumental, das ist leicht zu erkennen. Und egal, ob du dich nun über die gefrorene Tundra hinwegbewegst, alienartigen Spinnenwesen den gar ausmachst oder im besten Stile eines Han Solo durch ein Asteroidenfeld manövrierst, wirst du diesen Umfang beinahe jede Minute zu spüren bekommen.
Doch es fehlt nicht an Umfang, und es fehlt auch nicht an der Klasse vieler Inhalte selbst. Was mir persönlich gefehlt hat, war die Seele. Die Passion, die ich zwar einem Todd Howard abkaufe, nicht aber im Spiel wiederfinde. Das Feuer scheint zu glimmen, aber es ist irgendwo in den Weiten des Alls und entlang der ewigen Entwicklungszeit scheinbar abhandengekommen.
Das muss man sich mal vorstellen: Da bekommt man ein ganzes Universum geboten und am Ende merkt man, es hätte auch viel weniger getan, wenn doch dafür das Gebotene mehr Gewicht hätte. Die Städte und Planeten mögen unterschiedliche Ästhetiken haben, aber oft fühlen sie sich eben leider doch wie ein und derselbe Ort an. Die glänzenden Spitzen von New Atlantis und das cyberpunkartige Neon könnten unterschiedlicher nicht aussehen, aber sie wirken sogleich irgendwie identisch, wenn man sich erst einmal an den schicken Ausblick gewöhnt hat. Letztendlich wirkt Starfield wie ein großer Sandkasten … doch irgendwann habe ich mich auch an meinen kreativen Kunstwerken und dem immerzu gleichen, charakterlosen Sand satt gesehen …
Wie gesagt, es ist ein tolles Spiel, die Erkundung kann durchaus motivierend sein, es gibt unfassbar viele Möglichkeiten und noch viel mehr Missionen und Planeten, die auf dich warten – es ist für einige sicher genau die Sci-Fi-Offenbarung, die im Vorfeld so hoch und breit angepriesen wurde. Für mich persönlich ist Starfield das aber leider nicht, auch wenn es ein paar unterhaltsame Dutzend Stunden waren, auf die früher oder später noch ein paar weitere folgen könnten.
Fürs Bethesda-Meisterwerk hat es meiner Meinung nach aber auch nach mehr als 10 Jahren der Entwicklung nicht gereicht – zumindest aber für einen sehr starken Eintrag in der Videospielhistorie des Herstellers.
Hier müsste man nahezu noch einmal 1-2 Prozente abziehen, wo die gebotenen Funktionen für ein Spiel, das mehr als eine Dekade in Entwicklung war doch sehr dürftig sind.
Du kannst in Starfield Untertitel für Dialoge und das allgemeine Spiel einschalten und auch die Größe des Textes in den Menüs anpassen, aber ansonsten bieten die Barrierefreiheitsoptionen lediglich die Möglichkeit, die beim Anvisieren eine Umschaltfunktion hinzuzuschalten, statt die Taste wie bisher permanent gedrückt zu halten. Ist ja alles ganz nett, für so viel Zeit und Geld aber irgendwie auch echt enttäuschend …
Als Weltraum-Bandito und berüchtigter Schmuggler habe ich in Starfield inzwischen gut 50 Stunden auf dem Tacho, die ich allesamt auf einer Xbox Series X weggedaddelt habe.
Gespielt wurde auf einem 4K HDR-fähigem TV in Kombination mit einem Xbox Elite Wireless Controller. In meinen Spielsitzungen habe ich hierbei mehrmals zwischen Hauptstory, Nebentätigkeiten und der freien Erkundung auf gut Glück variiert, wobei ich schlussendlich ein gutes Sümmchen erwirtschaften konnte, meinem Raumschiff das ein oder andere Upgrade spendierte und inzwischen auch im Fähigkeitsbaum gut vorangeschritten bin.
Was mich in kommenden Abenteuer erwartet, steht aber noch auf einem anderen Blatt Papier …
Ob es für Starfield tatsächlich für eine Platzierung in unserer RPG-Bestenliste reicht, muss intern noch einmal ausdiskutiert werden, sobald mehr Leute in unseren Redaktionen die Möglichkeit hatten, selbst einmal durch das Weltall zu düsen.
Bis dahin bietet die Liste aber ja auch schon jetzt mehr als genug Alternativen für hunderte Stunden Spielspaß zur Wahl!