Der Phönix der Fußballvideospiele steigt auch 2024 einmal mehr aus der noch recht frischen Asche hervor und präsentiert sich erstmalig mit neuem Namen … und damit quasi im neuen Gewand: EA Sports FC 24 ist nun der Name, auf den die Welt des digitalen Fußballs ein Auge haben sollte, im Kern spielt sich vieles aber natürlich noch immer sehr ähnlich zum (inoffiziellen) Vorgänger.
Doch wie kam es eigentlich dazu? Na ja, 2022 trennte sich EA schließlich von der FIFA, nachdem eine monströse Forderung von knapp einer Milliarde Dollar zur Weiternutzung des Namens im Raum gestanden hatte. Vernünftig wie EA hierbei war, schlug man diesen Deal jedoch aus und produzierte mit FIFA 23 schließlich das letzte Spiel der knapp dreißigjährigen Reihe mit dem ikonischen Namen.
Doch natürlich denkt EA noch längst nicht daran, nur deswegen keine Fußballspiele mehr nachzuliefern – verständlich, verkaufen sich doch selbige Jahr für Jahr wie geschnitten Brot. Und so hat man sich schließlich 2023 dafür entschieden, erstmalig eine FIFA-freie Version des Sport-Videospiels auf den Markt zu bringen – FIFA 24 ist Tabu, EA Sports FC 24 ist Programm!
Doch wie viel FIFA steckt wirklich noch in FC? Und inwieweit konnte eine stets etwas betagte Formel vielleicht 2023 noch einmal aufgepeppt werden, um auch ein neues Publikum einmal mehr anzusprechen? Genau das gilt es im Folgenden herauszufinden!
FC 24 läuft mit der überarbeiteten Frostbite-Grafik-Engine und bildet in Kombination mit HyperMotionV ein mehr als solides Fundament. Beim Letztgenannten handelt es sich um die dritte Version der pfiffigen Motion-Capture-Technologie des Entwicklers. Hier werden nun volumetrische Daten (daher das “V”) genutzt, um noch mehr Bewegungsrealismus in den neuesten Ableger zu integrieren. EA gibt dabei offiziell an, dass man die Daten von mehr als 180 Profis gesammelt habe, um Verbesserung im Spiel schon von der ersten Minute ab bemerkbar zu machen.
Spieler bewegen sich indessen wahrhaftig noch viel ähnlicher zu ihrem Realvorbild und so sind auch für eher ungeschulte Augen die etwaigen angespannten Muskeln, die tanzenden Haarsträhnen oder gar der flatternde Stoff im Wind bestens erkennbar. Stürmer stürzen sich gekonnt in Schüsse, Verteidiger zeigen Biss und eine entsprechende Miene bei einer Last-Minute-Blockaktion des gegnerischen Angriffs in Form einer Grätsche – das ist schon alles echt eindrucksvoll … auch für mich als Laie.
HyperMotionV beschränkt sich aber nicht nur auf die Daten der gesammelten Spieler, sondern wird gekonnt auf die Gesamtheit der bereitgestellten Kader angewandt. Entsprechend steht das lokale Bundesliga-Derby in der zweiten Liga dem nächsten großen El Clásico also in kaum etwas nach – zumindest in Sachen Realismus.
HyperMotion 2 verbesserte in FIFA 23 zuletzt die Randbereiche, mit HyperMotion V ging der Fokus hingegen jetzt wieder auf das Geschehen auf dem Feld über. Das Ergebnis? Das wohl ansehnlichste Fußballvergnügen aller Zeiten!
Erwähnenswert: HyperMotionV ist ein Current-Gen-Feature und dementsprechend nur für PS5-, Xbox Series– sowie PC-Spieler zur Verfügung stehend.
Doch auch spielerisch hat sich wieder was getan. Die wichtigsten Neuerungen sind hierbei die PlayStyles, im Grunde genommen ein Ersatz des alten Trait-Systems, welcher vorhandene Fähigkeiten der Spieler durch Stil-spezifische Verbesserungen ergänzt und die Effektivität in ihrer jeweiligen Rolle so maximiert.
Insgesamt gibt es davon gleich satte 32 Stück, die sich wiederum in sechs Kategorien aufteilen: Schießen, Passen, Verteidigen, Ballkontrolle, Körpereinsatz, Torwartspiel. Erwähnenswert muss dabei aber auch sein, dass eine erlesene Auswahl, die Crème de la Crème sozusagen, von PlayStyles+ profitiert. Das wiederum sind verbesserte Versionen des gerade erwähnten Features … aber lass es mich doch einfach mal mit einem Beispiel erklären:
Eine Reihe von Spielern ist beispielsweise mit dem PlayStyle Finesse Shot ausstattbar, welcher es dem jeweiligen Profi erlaubt, Finesseschüsse noch schneller wie auch präziser ins Eckige zu zimmern. Einige der besten Fernschützen der Welt, beispielsweise Heung-Min Son oder Mohamed Salah, verfügen aber darüber hinaus über den Finesse Shot PlayStyle+, der ihnen maximale Kurven und außergewöhnliche Schussgenauigkeit gewährt.
Doch auch die Passmechanismen haben sich noch einmal geändert. Es gibt jetzt gleich drei Arten von Präzisionspässen: Eine Standard-Variante, einen Präzisions-Lupfer und einen Ausweich-Präzisionspass. Nicht immer erfolgreich, jedoch gerade beim Meistern der jeweiligen Variante äußerst effektiv.
Kontrolliertes Sprinten ist ebenfalls neu in FC 24 und eine Mechanik, bei welcher der Ball deutlich näher a Fuß bleibt, indem du den rechten Bumper auf dem Controller gedrückt hältst (RB/R1) – gerade für mich als Gelegenheitsspieler war das eine wahre Wohltat.
In FIFA 23 hattest du ja aber auch die Möglichkeit, viel Kontrolle darüber innezuhaben, wo und wie der Ball bei Freistoß und Ecke sein Weg zum (vermeintlichen) Ziel findet. Die gute Nachricht: Das geht auch bei FC 24 wieder und ist genauso grandios wie schon im Vorgänger – wenn auch noch immer das Menü dabei unheimlich überladen wirkt …
Die Modi-Auswahl ist in FC 24 beinahe identisch zu FIFA 23. Einmal mehr wurde allerdings einigen eben dieser Modi etwas sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, während andere scheinbar unverändert übernommen wurden.
Große Änderungen betreffen Ultimate Team (wie sollte es auch anders sein …), wo erstmals männliche und weibliche Spieler vereint antreten können. Und auch wenn die Bewertung zunächst verwirren könnten, kann ich dir mit Gewissheit sagen, dass die Spielerinnen auf dem Platz mit ihren jeweiligen Attributen mindestens genauso viel Mehrwert für ihr Team liefern, wie es die männlichen Kollegen tun! (Beispielsweise ist Barcelona-Star Alexia Putellas mit ihrer Ultimate-Karte auf ähnlichem Niveau eines Kevin De Bruyne).
EA wurde bekanntermaßen bereits im Vorfeld für diesen Schritt kritisiert. Und ja, einige fühlen sich sicher auch noch jetzt von der Durchmischung der Geschlechter in ihrem potenziellen Lieblingsmodus angegriffen. So richtig erschließt sich mir das als Gelegenheits-Fan allerdings nicht. Denn mir war es stets egal, ob ich nun mit einem guten Frauen-Team, einer Mischung oder den bekannten Herren auf dem Platz stand … wobei so ganz stimmt das auch nicht.
Tatsächlich will ich an dieser Stelle sogar sagen, dass ich mich mit der Zeit mehr und mehr darüber gefreut habe, dass ich infolgedessen auch einige der besten Kickerinnen einmal in Action zu Gesicht bekomm – bin generell kein großer Fußballschauer aufgrund von Zeitmangel. Aber eben durch meine Stunden mit FC 24 kenne ich doch inzwischen zumindest einige der besten Spielerinnen, ihre Talente, Namen, Vereinszugehörigkeit oder Nationalität und könnte diese doch glatt auch im echten Leben und der echten Fußballwelt weiter im Blick behalten.
Wer meckert, der meckert eh, ich für meinen Teil ziehe allerdings meinen Hut vor einem sehr löblichen Schritt von EA, die hier ihre beachtliche Position im Segment des virtuellen Fußballs für das Gute einsetzen!
Doch ich will mich ehrlich gesagt zum Wohle der Review an dieser Stelle gar nicht allzu lang mit dem Thema aufhalten – zumal ich meine Position, denke ich, klargemacht habe.
Viel mehr will ich noch einmal auf die PlayStyles zurückkommen, die auch bei Ultimate Team eine neue Ebene hinzufügen. Im Rahmen des neuen Evolution-Features kannst du nun nämlich Statistiken, Gesamtwertung, Spielstile und Kartendesign qualifizierter Spieler anpassen, indem du eine Reihe von Zielen erfüllst. Auf Saisonkarten warten war gestern, jetzt nehmen wir einfach selbst das Ruder in die Hand! Zwar kannst du noch immer auf die Empfehlungen von EA zurückgreifen, gezwungen bist du eben dazu allerdings keineswegs. Einziger Wermutstropfen sind dabei tatsächlich einmal mehr die Pay-to-Win-Mechaniken … denn natürlich kannst du die “Evolution” eines Spielers mit Griff zur Geldkarte (50.000 Münzen/ 1.000 FC-Points) ankurbeln.
Aber ich schweife schon wieder ab … zurück zu den wirklich nennenswerten und spannenden Änderungen: Da hätten wir noch den Karrieremodus, wo du mehr denn je einen Fokus aufs Taktische legen darfst. Konkret wählst du ein Team und im Anschluss eine Vision für dein Spiel – Standard, Flügelspiel, Tiki-Taka, Gegenpressing und so weiter und so fort. Für eben jene muss schließlich noch ein Trainer her, der diese Taktik umsetzt. Bei Erfolg steigt nicht nur die Wertung der Spieler, sondern auch des Trainers und damit gibt es eine neue, dezente Variable für den Erfolg. Gern habe ich im Zuge der Karriere aber auch einmal mit verschiedenen Taktiken experimentiert (was glücklicherweise fast ohne Umstände möglich war) und so Teams immer wieder gekonnt überrumpelt.
Glücklicherweise hat EA außerdem die lästigen täglichen Trainingseinheiten im Karrieremodus abgeschafft. Allerdings bedeutet das nicht, dass du keine Kontrolle mehr darüber hast, wie sich dein Team auf ein Spiel vorbereitet: Nach wie vor kannst du einzelne Spieler*Innen auf bestimmte Trainingspläne setzen, die zu ihrem Spielstil passen, aber jetzt wird dir dein Assistenztrainer sagen, wann du das bei bestimmten Spieler*Innen tun solltest. Oh, und wenn du wirklich Trainer spielen willst, gibt es im Karrieremodus eine neue (wenn auch erdrückend langweilige) taktische Ansichtsoption, mit der du Spiele von der Bank aus beobachten kannst – aber dann vielleicht doch lieber gleich zum Fußball Manager greifen, oder?
Saisons, Turniere, Online-Freundschaftsspiele und Volta bleiben gegenüber FIFA 23 aber wie schon oberhalb kurz erwähnt unverändert. Pro Clubs sind inzwischen einfach nur “Clubs” und EA hat eben jenen Modus endlich auch um generationsübergreifendes Cross-Play erweitert – Halleluja! Und auch das Fortschrittsformat der Clubs hat sich geändert: Jeder Kalendermonat entspricht jetzt einer Saison, die in eine Ligaphase, eine Aufstiegsphase und eine Play-off-Phase unterteilt ist. Ich hatte zwar bisher noch keine Gelegenheit das einmal auf die Probe zu stellen, es ist aber schön zu sehen, dass EA die Fans des Modus nicht zu vergessen scheint!
Doch bei so vielen guten Änderungen, gekonnten Neuerungen und sinnvollen Überarbeitungen … gibt es da nicht eigentlich auch was zu meckern? Schön, dass du fragst. Gibt es nämlich tatsächlich!
Ein echter Kritikpunkt war für unsere Redaktion die Ästhetik des Spiels … oder viel eher der Spielmenüs. Diese sehen im Vergleich zu früheren Titeln im neuen Look merkwürdig aufgeräumt, fast schon seelenlos hygienisch aus – irgendwie bekomm’ kommen da alte Gefühle der Excel-Übungsstunden aus der Schulzeit hoch … gruselig.
Aber auch wenn es dann mal markante Farben gibt, ist die gewählte Palette doch bestenfalls gewöhnungsbedürftig – Ultimate Team sieht beispielsweise so aus wie als hätten der Hulk, der Grüne Kobold und Shrek hier das Designzepter geschwungen. Ist das schlussendlich so schlimm, dass man es gar nicht aushält? Sicher auch nicht … wirklich gern bin ich aber dennoch bis jetzt nicht in den vielen Menüs.
Doch selbst wenn es Kritik war, sollte man an der Art und Weise doch bereits erkennen, dass diese auf äußerst hohem Niveau stattfindet, weil jenseits davon nicht viel übrig bleibt, um kritisiert zu werden. Das Fundament ist bekannt solide, aber sinnvoll erweitert. Schön ist es allerdings in jedem Fall, dass es EA auch ohne FIFA im Namen schafft ein tolles Fußballspiel aus dem Hut zu zaubern – und das für mich als Neuling wie auch für die erfahreneren Spieler da draußen.
Sicher, es ist jetzt keine Revolution des Videospiel-Fußballs … aber ich glaube, das hat auch keiner erwartet, oder? Kurzum lässt sich eigentlich genau das Gleiche sagen wie bei den allermeisten Call of Duty-, Battlefield-, NBA-Reviews oder sonstigen Testberichten zu langjährigen Spielereihen mit einem (beinahe) jährlichen Update-Zyklus: Fans greifen zu, Interessierte spielen rein und alle die bisher schon abgeneigt waren, die werden vermutlich auch mit FC 24 nicht besonders warm.
FC 24 verfügt über die üblichen Zugänglichkeitsoptionen von EA, die alle entlang der gewohnten Registerkarte einsehbar sind. Zu diesen Optionen gehören Filter für Farbenblindheit, die Möglichkeit, die Größe der Spieleranzeige zu erhöhen, Untertitel und Stick-Remapping.
EA Sports FC 24 wurde von uns etwa 20 Stunden lang auf der PlayStation 5 zu Testzwecken gespielt, wobei wir einige Zeit in den allermeisten der bereitgestellten Modi verbrachten. Im Karrieremodus ging es mit den Bayern an den Start, in Ultimate Team haben wir unsere besten Frauen wie Männer zum Kicken aufgestellt und im Kick Off kamen wir dann schlussendlich noch einmal in aller Ruhe dazu, verschiedene Spielstile auf die Probe zu stellen.
Noch ‘ne Review? Na klar! Schau dir gern auch unseren Testbericht zu Starfield, Baldur’s Gate 3 oder dem bildhübschen Indie-Abenteuer Sea of Stars einmal genauer an!