Baldur’s Gate 3 im Test: Larian entfacht die Liebe zum RPG-Genre aufs Neue!

Ich liebe Scratch und du, du dürftest ihn auch lieben lernen, solltest du dem treuen Vierbeiner auf deiner Reise durch Larians weitläufiges RPG über den Weg laufen. Scratch ist aber nur ein Beispiel, eines von vielen, welches die Klasse dieses Projektes unter Beweis stellt und anschaulich demonstriert, wie viel Herzblut in Baldur’s Gate 3 geflossen ist, um emotional ergreifende Begegnungen mit höchst spannenden Charakteren zu gestalten.

Scratch steht im Detail für vieles: Er steht für den Witz, den die Begegnungen mit der Tierwelt bereithalten, die einzigartigen Interaktionen, wo sich Witz und Tragik die Klinke geben und für den Forscherdrang, den RPGs normal bereithalten, den ich aber bereits seit Skyrim nur seltenst wieder in dieser Form verspürt habe. Scratch steht für vieles, was Baldur’s Gate 3 richtig macht und offenbart, dass es sich hierbei um eine ganz besondere Erfahrung handeln könnte.

Auch ohne die entsprechende Zierung des Logos beim Spielstart könnte jeder halbwegs kundige Baldur’s Gate 3 sofort den genialen Entwicklern von Larian zuordnen. Warum? Weil die Charaktere wieder einmal reichhaltig geschrieben sind und viel häufiger als gewohnt mit Interesse aufhorchen lassen. Und weil die Welt zur Abwechslung vom sonst so vielzählig verfügbaren Einheitsbrei wieder einmal wirklich Bedeutung hat. 

Hier droht ein Streit zwischen dem druidischen Hain und einer Handvoll Tiefling-Flüchtlinge zu eskalieren, dort versteckt sich eine kleine Handvoll Goblins und wieder ganz woanders wartet schon der nächste Hinterhalt auf unsere wackere Abenteurergruppe. Das ist für sich genommen zwar ganz nett, was wirklich beeindruckt, ist aber, dass es tatsächlich von Bedeutung ist, wie man mit eben diesen Konfrontationen zwischen Spieler und Umgebung umgeht. Setze ich auf ein eher pazifistisches Wortgefecht, Charisma und Redekunst, greife ich lieber gleich zum Schwert, bezirze ich den jeweiligen Gesprächspartner oder schleiche ich mich lieber still und heimlich weiter durch die Welt und tue so, wie als würde mich das alles gar nicht scheren? 

Wenn dann noch die Texte so gut geschrieben sind, wie es in Baldur’s Gate 3 der Fall ist, fällt die Entscheidung nicht leicht und wie auch in der Tabletop-Variante garantieren ungeahnte Folgen ein höchstes Maß an Spielspaß und Interesse. Auch weil viel der Welt und ihrer Charaktere eben durch diese Konfrontationen eingeführt und ausgebaut wird, während vereinzelte Charaktere detailliert beleuchtet werden und ich so rasch Abneigungen oder Sympathie in den fortlaufenden Spielstunden entwickle.

Und hier hört die Genialität noch längst nicht auf. Denn natürlich folgt auch in einem Baldur’s Gate 3 auf jederlei Aktion eine entsprechende Reaktion. Tu ich dem Straßenjungen einen Gefallen, könnte er sich später für mich einsetzen. Rette ich die Goblins aus ihrer Misere, kann ich sie in brenzligen Situationen verlässlich zu meiner Seite rufen. Das macht etwas mit mir, das sorgt dafür, dass ich wirklich einmal über meine Rolle in der Welt grüble und nicht aufgrund von Gier nach nachweislicher Progression blindlings irgendeine Entscheidungsoption anwähle. 

Ähnlich wie in Dungeons & Dragons bestreite ich so zudem meinen ganz eigenen Pfad und ich bin mir schon jetzt sicher, dass sich mein nächster Spieldurchgang nicht nur entlang meiner Klassenwahl vom letzten Abenteuer unterscheiden wird.

Aber nicht nur die Präsentation der Geschichte erinnert an das Tabletop-Vorbild, sondern auch die unfassbar akkurate Umsetzung des entsprechenden Spielsystems. Larian könnte man in diesem Fall wohl am ehesten in der Rolle eines Dungeonmasters betrachten. Ich selbst muss mich hingegen aber erst einmal mit dem Spielsystem vertraut machen.

Und hier ist einiges an Frusttoleranz gefragt, wo doch auch niedrigstufige Konfrontationen schnell im Würfelglück oder -pech ausarten können. Nicht selten verfehle ich so doch einmal mein Ziel, was ich in dieser Form nur noch selten im Jahr 2023 erlebe. Ist das frustrierend? Manchmal. Allerdings ist es dann eben auch umso belohnender, wenn ich – entgegen aller Erwartungen – doch einmal einen kritischen Treffer lande und meinen Widersacher so frühzeitig ins Nirvana jage.

Bedenken sollte man aber auch, dass das Levelsystem in einem Baldur’s Gate 3 etwas anders gestrikt ist als man es womöglich von bisherigen Jahreshighlights wie etwa Diablo 4 gewohnt ist. Keine Dutzende Stufen voller Leveling und regelmäßigen Animationen für das Level-Up erwarten dich, sondern lediglich gut zwei Hände voller wirklich entscheidender Verbesserungen. Entsprechend ist die Höchsstufe 12, ab Stufe 3 wird es allerdings schon spannend, wo hier doch Spezialisierungen wählbar sind oder Unterklassen des jeweiligen Champions einstellbar sind.

Und auch das … macht etwas mit mir. Wo ich in Diablo gelegentlich sogar ein Level-Up sowie die entsprechende Verteilung der Skillpunkte versäume, bin ich in Larians aktuellstem Projekt Feuer und Flamme, wenn ich wieder die Möglichkeit bekomme, meinen Charakter ein Stück weiter nach meinen Idealvorstellungen zu formen. Und wieder haben wir den Beweis: Nicht die Masse, sondern die Klasse macht es!

Weniger gefallen hat mir hingegen das Zauberslot-System. Ich bin zwar ein D&D-Noob und weiß so nur aus Überlieferungen, dass es ein ähnliches Äquivalent natürlich auch in der Brettspielvorlage gab, dennoch bin ich aber ein bisschen genervt davon, wenn mir derart coole Fähigkeiten schmackhaft gemacht werden, ich dann aber eine ewige Pause zwischen jeder Nutzung überbrücken muss, um eben dieses Spektakel wieder anwenden zu können. 

Da habe ich also beispielsweise einen mächtigen Kleriker in der Truppe, der gar meine Recken von den Toten zurückholen kann, nutze dessen einzigartigen Talente aber nur im absoluten Notfall, weil ich mir nicht sicher bin, ob der Einsatz zum jeweiligen Zeitpunkt bereits rentabel ist oder ich aber doch noch etwas mehr Geduld haben sollte, um nicht später noch das nachsehen zu haben …

Schnell horte ich also die Slots, hoffe auf den einen Moment, wo sich alles richtig anfühlt und nutze sie dann doch nicht, in der Sorge, dass um der nächsten Ecke eine noch viel größere Bedrohung warten könnte. Das ist nicht wirklich meine Definition von “spaßigem System”, aber wohl eine Art Tradition, mit der sich auch D&D-Liebhaber schon seit Jahren umherschlagen müssen.

Immerhin gibt es für alle Fans von Magie ja aber noch viele Klassen, die entsprechende Zaubersprüche parat haben, deren Wirksamkeit mit wachsender Charakterstufe gar noch zunimmt. Und dann hätten wir ja auch noch die Kräfte, die uns mithilfe der Mindflayer-Parasiten zur Seite gestellt werden. Im Tausch gegen unsere Menschlichkeit erlangen wir so psionische Fähigkeiten oder andere Vorteile, die in den fortlaufend anspruchsvolleren Konfrontationen schnell unentbehrlich werden können.

In jedem Fall solltest du dir aber bewusst sein, dass Baldur’s Gate 3 eher weniger ein Spiel für nebenbei ist. Wie auch bei einer guten Brettspiel-Partie verlangt der Titel deine vollste Aufmerksamkeit, deinen Grips, deine Kreativität und auch deinen Fleiß, um all die Gespräche zu führen und all die Optionen zu erkunden, die das Abenteuer für dich bereithält. Vor allem, wenn du auch alternative Routen einschlagen willst, wirst du zweifelsohne hunderte Stunden im neuesten Larian-Abenteuer versenken können.

Und das wirst du auch wollen: Immerhin willst du ja sicher nicht nur wissen, wie deine wortgewandte Waldläuferin ihren Wegbegleitern Trost spendet, sondern auch, was ein gänzlich anderer Charakter getan hätte, der womöglich weniger feinfühlig ist … oder aber welches Lied dein begabter Barde vorgetragen hätte, um Druidin Alfira wieder wohlwollender zu stimmen … SO VIELE MÖGLICHKEITEN! 

Und selbst die Umgebung ist nicht gerade linear. Neben Rätseln und spontanen Zwischenereignissen bietet beinahe jedes Umfeld die verschiedensten Möglichkeiten, um sich durch selbiges hindurchzubewegen. Kistenstapel aufbauen und schließlich auf den nächsten Vorsprung gelangen, wortgewandt die Wachen überzeugen oder aber als Grobian eher ein Mensch fürs Grobe sein – Du hast die Wahl! 

Entsprechend fühlt Baldur’s Gate 3 wie ein wahr gewordener Videospiel-Traum von all dem an, was sich Kinder, Jugendliche wie auch Erwachsene bereits seit Jahren in ihrem Kopf zusammenspinnen, wenn sie sich zum nächsten Spieleabend verabreden. Es ist die Visualisierung grandioser Tabletop-Abenteuer, die sonst nur im eigenen Kopf stattgefunden haben. Und als wäre das nicht schon genug, brilliert das Videospiel in eben dieser Disziplin auch noch auf ganzer Linie. 

Es ist ein Abenteuer sondergleichen, es ist der Titel, der die Liebe zu Rollenspielen einmal mehr in mir entfacht hat und es ist eine Reise, die ich jedem nur sehnlichst ans Herz legen kann! 

Zum Abschluss des Testberichts möchte ich aber auch noch einmal dem Elefanten im Raum seine ein, zwei Minuten geben. Ja, ich bin natürlich noch nicht mit Baldur’s Gate 3 durch. Der Code wurde unserem Team erst recht spät bereitgestellt, das Spiel ist unfassbar umfangreich und dementsprechend konnte ich in wenigen Tagen – und trotz einer Spieldauer von etwa 50 Stunden – noch längst nicht alles erkunden, um jedem einzelnen Aspekt des Abenteuers vollumfänglich gerecht zu werden.

Was ich aber guten Gewissens behaupten möchte, ist, dass diese 50 Stunden mehr als ausreichend sind, um sich ein erstes Urteil zu erlauben. Denn wenn mich ein Titel in wenigen Tagen derart konsequent am Bildschirm fesseln kann, mich jegliches Zeit- und Raumgefühl verlieren lässt und hierfür einen derartigen Sog entwickelt wie auch eine entsprechende Immersion bietet, dann ist er in jederlei Hinsicht besonders.

Kurzum: Für D&D-Fans ist das Teil ohnehin ein Pflichtkauf, für alle anderen Rollenspiel-Enthusiasten ist es aber gleichermaßen einen Blick wert … sonst könnte euch womöglich ein heißer Kandidat für den Titel “Spiel des Jahres 2023” durch die Lappen gehen, bevor ihr euch versehen habt. Möge die Abenteuerlust reichlich und das Würfelglück stets auf eurer Seite sein! 

Neben Eingabemodus, Länge des Tastendrucks oder An- sowie Abschaltung von Untertiteln bietet das Menü eine üppige Auswahl an weiteren Einstellungsoptionen. Wähle Hintergründe für deine Untertitel, passe die Größe selbiger an, forciere Mono-Audio oder füge anderweitige Annehmlichkeiten zu deiner Spielerfahrung hinzu. Wenn du willst, kannst du sogar Genitalien wie auch Nacktheit zu- oder eben wegschalten. 

Skurril …, aber irgendwie auch recht löblich. 

Auf dem PC durften wir bisher 50 Stunden lang mit einem Charakter durch die Welt von Baldur’s Gate 3 streifen. In dieser Zeit haben wir die Anfänge des Titels umfassend erkundet, befinden uns aber noch immer in einem frühen Stadium der Spielerfahrung, konkret in Akt 2. 

Unseres Erachtens genug, um uns ein Fazit zu erlauben und ein Gefühl für Umfang und Tiefe bekommen zu haben. Insofern die Erfahrung nach 300 Stunden aber anders ausfällt, werden wir das an entsprechender Stelle natürlich noch ergänzen …

Baldur’s Gate 3 ist zweifelsohne eines der besten Rollenspiele in 2023 (und wahrscheinlich auch darüber hinaus). Zeitnah wirst du diesen Titel vermutlich also auch in unserer Bestenliste wiederfinden, wo bereits viele weitere RPGs darauf warten, dich in mystische Lande und fantastische Abenteuer zu entführen! 

Am besten packst du dir hierfür noch einen der neuesten Gaming-Notebooks wie den Lenovo Legion Slim 5 dazu und schon steht der nächsten durchzechten Nacht voller Spielspaß nicht mehr viel im Weg! 

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